Unisextarife und Garantiezins!
Informationsverpflichtungen des Versicherungsmaklers?

von Rechtsanwalt Michaelis LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Hamburg

Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Nicht nur, dass die Garantieverzinsung per 01.01.2012 auf nur 1,75% gesenkt wurde, sondern auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hat gravierende Auswirkungen auf die Vorsorgebranche. Obgleich die „Pflicht zu Unisextarifen“ erst Ende 2012 eingreifen wird, stellen Sie sich vielleicht heute bereits die Frage, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Beratungspraxis eines Versicherungsmaklers haben?

Der Versicherungsmakler hat als Sachwalter seines Kunden möglichst vollumfänglich die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen zu wahren und zu beachten. Sowohl die Entscheidung zur Senkung des Garantiezinses als auch die „Pflicht zur Einführung von Unisextarifen“ wird die Produktlandschaft künftiger Vorsorgeprodukte erheblich verändern! Ist der Versicherungsmakler bereits heute informationspflichtig, den Kunden über derartige künftige Veränderungen zu informieren und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen?

Es dürfte zur Folge haben, dass sich z.B. die Risiko-LV für Frauen entsprechend verteuern werden. Auf der anderen Seite wird die private Krankenversicherung für Frauen wiederum günstiger werden. Der Unisex-Risikotarif für das Sterberisiko des Mannes wird hingegen dann günstiger werden müssen. Sicherlich sind auch noch eine Vielzahl weiterer Konstellationen denkbar, in dem wirtschaftliche Auswirkungen für den einzelnen Kunden entstehen werden.

Eine der maßgeblichen Aussagen des Sachwalterurteils (vergleiche BGH in Zeitschrift für Versicherungsrecht 1985, Seite 930) ist, dass der Versicherungsmakler gegenüber seinen Kunden informationspflichtig ist. Der BGH erwartet grundsätzlich, dass ein Versicherungsmakler seinen Kunden über relevante Umstände informiert.

So ist es wohl auch eine relevante Information, dass sich die Tariflandschaft grundlegend verändern wird, wie auch die Tatsache, dass eine Garantieverzinsung gesenkt wird. Gerade zum Jahresende überlegt der eine oder andere Versicherungsnehmer, ob er eine Versicherung abschließen soll oder nicht. In diesem Zusammenhang ist es dann auch von Bedeutung, auf welcher Grundlage das Sterblichkeitsrisiko betrachtet wird, wie auch die Frage nach der zugrunde liegenden Garantieverzinsung. Mit anderen Worten handelt es sich durchaus um relevante Informationen, die dem Kunden im Beratungsgespräch grundsätzlich mitzuteilen sind.

Insgesamt ist es sogar empfehlenswert, wenn diese Informationen sämtlichen Kunden (Gesamtbestand) des Maklerunternehmens mitgeteilt werden. Spätestens aber, wenn der Makler einen Anlass zur Beratung hat, sind auch diese Informationen dem Kunden mitzuteilen, damit dieser möglichst vollumfänglich informiert eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann.

Im Hinblick auf die Unisex-Tarife sollte die Entscheidung eines Vertragsschlusses jedoch nicht herausgezögert werden. Die biometrischen Risiken des Kunden sind bereits heute (möglichst) vollumfänglich abzusichern. Selbst wenn Sie wissen, dass zum heutigen Zeitpunkt wohl eine höhere Prämie zu zahlen ist, als vielleicht in „naher Zukunft“, so sollten Sie Ihrem Kunden grundsätzlich empfehlen, etwaige gesundheitliche Risiken unverzüglich und vollumfänglich abzusichern. Stets nach dem Motto: „Das Beste ist für den Kunden gerade (jetzt) gut genug“.

Fazit: Gut, dass Sie sich informiert haben. Entscheidungen des Kunden sollten aber keineswegs aufgeschoben werden. Selbst eine „geringfügige“ oder auch erhebliche Prämienersparnis in der Zukunft kann es nicht rechtfertigen, wichtige Deckungslücken der biometrischen Risiken unverzüglich zu schließen.

 

-----------------------------------------------------------------------------------------

P.S. Anmerkung von Thomas Bethke, V-aktuell

V-aktuell Kunden informieren ihre Kunden mit Ihrer Kundenzeitung Ausgabe "Herbst/Winter 2011"

Zurück zur Übersicht