von RA Stephan Michaelis LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht (Kanzlei Michaelis, Hamburg)
Nach dem Urteil des BGH vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) ist inzwischen allgemein anerkannt, dass der Vermittler von Investmentfondsanteilen verpflichtet ist, den Anleger über an ihn gewährte Rückvergütungen (sog. Kickbacks) aufzuklären. Dem Anleger soll anhand der Information die Möglichkeit gegeben werden, zu beurteilen, ob der Vermittler ihm die empfohlenen Investmentfondsanteile aufgrund einer objektiven Beratung oder aufgrund des eigenen Provisionsinteresses empfiehlt. Inzwischen wurde die Rechtsprechung des BGH zum Themenbereich „Kickback“ durch weitere Urteile verfestigt und dürfte inzwischen als gesichert betrachtet werden.
Bislang wurden die Anbieter und Vermittler von fondsgebundenen Lebensversicherungen (FLV’s) von der oben genannten Rechtsprechung verschont. Dabei sind die genannten Sachverhalte nicht weit voneinander entfernt. Dennoch gelingt es den Anbietern und Vermittlern von FLV’s, sich bislang hinter die Informationspflichten des VVG und insbesondere der VVG-InfoV zurückzuziehen. Ob dies auch zukünftig gerechtfertigt ist oder ob auch die Anbieter und Vermittler von FLV’s verpflichtet sind über im Innenverhältnis zwischen Versicherer und Fondsgesellschaft gewährte Vergütungen aufzuklären, bedarf der näheren rechtlichen Begutachtung.
Fondsgebundene Lebensversicherungen funktionieren wie kapitalbildende Lebensversicherungen, nur dass das Deckungskapital nicht direkt durch den Versicherer verwaltet wird, sondern der Versicherer vom Deckungskapital Anteile an einem Investmentfonds für den Versicherungsnehmer erwirbt. Dabei erhält der einzelne Versicherer von den unterschiedlichen Investmentfondsgesellschaften Rückvergütungen in Höhe von bis zu 1% des Investmentfondsvermögen. Fraglich ist, ob der Versicherer oder der Vermittler den Versicherungsnehmer hierüber belehren muss.
Nach den Grundsätzen der vom BGH entwickelten Rechtsprechung ist die beratende Bank verpflichtet, dem Anleger mögliche Interessenkonflikte offenzulegen. Dabei besteht der Interessenskonflikt der Bank gerade darin, dass sie auf der einen Seite zu einer objektiven Beratung des Kunden verpflichtet ist und auf der anderen Seite ein erhebliches eigenes Provisionsinteresse verfolgt. Derselbe Interessenskonflikt besteht auch in der Person des Versicherers. Wie die Bank hat auch der Versicherer ein erhebliches eigenes Provisionsinteresse am Abschluss eines Investmentfonds mit einer hohen Rückvergütung (Kickback) und eine Beratungspflicht nach § 6 VVG. Die Interessenlage ist daher identisch und die Grundsätze der Kickback-Rechtssprechung des BGH sind mithin auch auf fondsgebundene Lebensversicherungen anwendbar (so auch Schwintowski in VersR 2009, 728, 732).
Daneben kann sich der Versicherer auch nicht darauf berufen, er habe mit der Übermittlung des Informationsblattes nach § 2 VVG-InfoV alle seine Aufklärungspflichten erfüllt. Zunächst enthält § 2 Abs.1 Nr.1 VVG-InfoV lediglich die Pflicht der in der Prämie enthaltenen Kosten aufzudecken. Es handelt sich dabei also um diejenigen Kosten, welche vom Versicherer bei der Prämienzahlung einbehalten werden bevor der restliche Prämienteil Teil des Deckungskapitals wird und weitere Fondsanteile erworben werden. Aus dem Deckungskapital/Fondsvermögen gezahlte Rückvergütungen/Gebühren, welche dem Versicherungsnehmer nur mittelbar als Kosten entstehen, werden mithin von § 2 Abs.1 Nr.1 VVG-InfoV nicht erfasst. Da § 2 Abs.1 Nr.1 VVG-InfoV keine abschließende Regelung ist, ist der Versicherer daher verpflichtet über die gewährten Rückvergütungen aufzuklären. § 2 VVG-InfoV ist insoweit lediglich Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, nämlich das die Kosten transparent gegenüber dem Versicherungsnehmer offengelegt werden müssen.
Fraglich ist, auf welcher Rechtsgrundlage die Aufklärungspflicht des Versicherers beruht. Der Versicherer ist nicht verpflichtet den Versicherungsnehmer über die an ihn von der Investmentfondsgesellschaft gezahlten Rückvergütungen zu „beraten“. Es hat keine Beratung dergestalt zu erfolgen, dass die Rückvergütungen Bestandteil der Performance des Investmentfonds sind oder das vergleichbare Anbieter ebenfalls Rückvergütungen gewähren. Vielmehr hat der Versicherer den Versicherungsnehmer aufzuklären und zu informieren. Es handelt sich daher um eine Aufklärungs- und Offenlegungspflicht. Diese ist von der Beratungspflicht nach § 6 VVG klar zu unterscheiden. Die Aufklärungs- und Offenlegungspflicht folgt mithin direkt als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag. Dementsprechend ergibt sich der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers bei einer unterlassenen Aufklärung nicht nach § 6 Abs.4 VVG, sondern nach § 280 BGB. Folglich kann sich der Versicherer auch nicht nach § 6 Abs.6 VVG darauf berufen, dass der Versicherungsvertrag von einem Versicherungsmakler vermittelt worden ist.
Fraglich ist, ob neben dem Versicherer auch der Vermittler zur Aufklärung des Versicherungsnehmers über die gewährten Rückvergütungen verpflichtet ist. Die Bewertung ist dabei getrennt nach Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler vorzunehmen.
Wie oben dargelegt resultiert die Aufklärungspflicht des Versicherers nicht aus § 6 Abs.1 VVG. Folglich kann eine Aufklärungspflicht des Vermittlers sich nicht nach § 61 Abs.1 VVG ergeben, welcher vom Wortlaut identisch mit § 6 Abs.1 VVG ist. Wurde die fondsgebundene Lebensversicherung durch einen Versicherungsvertreter vermittelt, so besteht mangels schuldrechtlicher Beziehung keine eigene Aufklärungspflicht des Vertreters. Eine Haftung könnte sich danach lediglich aus Delikt gemäß § 826 BGB ergeben. Dies wäre gegeben, wenn sich der Versicherungsnehmer für den Versicherungsvertreter erkennbar im Irrtum über die Kosten der Versicherung befindet. Eine Aufklärungspflicht könnte sich im Falle der Vermittlung durch einen Makler aus dem Maklervertrag ergeben.
Weiter müsste eine Aufklärungspflicht des Vermittlers tatsächlich bestehen. Dazu müsste er selbst einem Interessenskonflikt unterliegen. Der Vermittler selbst partizipiert jedoch nicht an den von der Investmentfondsgesellschaft an den Versicherer gezahlten Rückvergütungen. Der Vermittler erhält seine Provision/Courtage aus den vom Versicherungsnehmer gezahlten Abschlusskosten und Verwaltungskosten, welche nach § 2 Abs.1 Nr.1 VVG-InfoV offengelegt wurden. Es ist mithin für den Vermittler nicht erheblich, ob er einen Investmentfonds mit vielen Rückvergütungen oder mit wenig Rückvergütungen an den Versicherungsnehmer vermittelt. Folglich scheidet ein Interessenskonflikt in der Person des Vermittlers aus und mithin auch eine Aufklärungspflicht.
Darüber hinaus hat der Vermittler in der Regel keine Kenntnis über die Höhe der von der Investmentfondsgesellschaft an den Versicherer gewährten Rückvergütungen. Für den Versicherungsmakler ist dies klar ersichtlich, da er im Lager des Versicherungsnehmers steht und nicht wie der Versicherungsvertreter im Lager des Versicherer. Aber auch der Versicherungsvertreter wird vom Versicherer nicht über die von der Investmentfondsgesellschaft gewährten Rückvergütungen informiert. Der Vermittler kann aber nicht verpflichtet sein über einen Sachverhalt aufzuklären, über welchen er selbst keine Kenntnis hat bzw. erlangen kann. Man würde andernfalls von ihm etwas verlangen, was nicht von ihm zu erbringen wäre.
Eine Aufklärungspflicht des Vermittlers über die von der Investmentfondsgesellschaft an den einzelnen Versicherer gezahlten Rückvergütungen scheidet danach aus.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die vom BGH entwickelten Grundsätze der Kickback-Rechtssprechung auch auf den Bereich der fondsgebundenen Lebensversicherungen anwendbar ist. Die Interessenlage einer Investmentfonds vermittelnden Bank und einer Lebensversicherung mit fondsgebundenen Deckungskapital sind insoweit vergleichbar. Folglich ist der Versicherer über seine Informationspflichten nach § 2 Abs.1 Nr.1 VVG-InfoV verpflichtet an ihn gewährte Rückvergütungen (Kickback) offenzulegen. Eine Aufklärungspflicht des Vermittlers scheidet hingegen aus.