Folgecourtage ohne Courtagezusage?
oder
Zahlungspflicht des VR nach Kündigung oder Widerruf?

von RA Stephan Michaelis LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht (Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Hamburg)

I. Einleitung

Der Versicherungsmakler ist durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 93 ff. HGB und § 59 VVG nicht in demselben Maße geschützt wie ein Handelsvertreter nach §§ 84 ff. HGB. Begründet ist dies dadurch, dass der Versicherungsmakler nicht im engeren Sinne in das Vertriebssystem des Versicherers eingebunden ist, sondern dem Versicherer als selbstständiger Dritter und nicht als dauerhaft vom Versicherer mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen beauftragte Person entgegentritt. Daraus können jedoch auch rechtliche Nachteile für den Versicherungsmakler resultieren. Dies gilt insbesondere bei einer Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Versicherungsmakler und Versicherer.

Im Fall der Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Versicherer und Versicherungsmakler hat der Versicherungsmakler keinen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsanspruches. § 89 b HGB gilt insoweit auch nicht analog für den Versicherungsmakler, da sich die Interessenlagen vom Handelsvertreter deutlich unterscheiden. Fraglich ist jedoch, ob er trotz Kündigung der Courtagezusage weiterhin einen Anspruch auf Zahlung der Folgecourtage aus dem bereits vermittelten Bestand hat.

II. Rechtslage

Das Versicherungsmaklerrecht war infolge der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie und der VVG-Reform einer großen Umwandlung ausgesetzt. Neuere Rechtssprechung liegt zu der aufgeworfenen Fragestellung bislang noch nicht vor. Es ist daher zunächst die alte Rechtslage darzulegen und dann zu ermitteln, ob diese nach der VVG-Reform weiterhin Bestand hat.

1.) Rechtslage vor der VVG-Reform

Vor der VVG-Reform bestand Einigkeit darüber, dass die Beendigung der Courtagezusage keinen Einfluss auf das Fortbestehen des Courtageanspruches hat. Die Beendigung der Courtagezusage bedeutete lediglich, dass der Versicherer fortan nicht mehr verpflichtet war, neu vermittelte Versicherungsverträge anzunehmen. Der Anspruch des Versicherungsmaklers auf Zahlung des Bestandsbetreuungscourtage bestand jedoch solange, wie der vom Versicherungsmakler vermittelte Versicherungsvertrag fort bestand.1 Folglich war der Versicherer verpflichtet auch nach der Beendigung der Courtagezusage weiterhin die laufende Betreuungscourtage an den Versicherungsmakler zu zahlen.2

2.) Rechtslage nach der VVG-Reform

Fraglich ist, ob die oben geschilderte Rechtslage nach dem Inkrafttreten der VVG-Reform noch anwendbar ist. In der Regel dürfte dies der Fall sein. Dies könnte jedoch vor dem Hintergrund problematisch sein, dass der Versicherungsmakler seine Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO verliert und der Versicherer daher die Courtagezusage aus wichtigem Grund fristlos kündigt. Der Versicherer könnte in diesem Fall weiter einen Anspruch auf Einbehaltung der Courtagen haben, da § 80 VAG ihm verbietet mit Vermittlern zusammenzuarbeiten, welche nicht über eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO verfügen. Ferner könnte der Versicherer auch ein dauerhaftes Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB bezüglich der Betreuungscourtagen haben.

a.) Bestehen der Erlaubnispflicht

Zunächst ist zu prüfen, ob für die Betreuung und Verwaltung der vermittelten Versicherungsverträgen überhaupt eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO erforderlich ist. Der Gesetzestext stellt dabei auf die Versicherungsvermittlung als entscheidenden Anknüpfungspunkt der Erlaubnispflicht. Dementsprechend wird vertreten, dass die Betreuung und Verwaltung der bereits vermittelten Versicherungsverträge keine Vermittlungstätigkeit sei und daher auch nicht unter die Erlaubnispflicht falle.3

Dieser Auslegung des § 34d Abs.1 GewO ist jedoch zu widersprechen. Vielmehr ist § 34d Abs.1 GewO richtlinienkonform auszulegen. Die EU-Vermittlerrichtlinie geht dabei von einem weiten Vermittlungsbegriff aus. Dieser erfasst auch das „Mitwirken bei der Verwaltung und Erfüllung“ mithin also der Betreuung. Dementsprechend benötigt auch der lediglich bereits vermittelte Versicherungsverträge betreuende Versicherungsmakler eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO.

b.) Verbotszweck des § 80 VAG

Ferner müsste die Bestimmung des § 80 VAG dem Versicherer auch die Auszahlung der Courtage an den Versicherungsmakler verbieten. § 80 Abs.1 VAG verbietet dem Versicherer die „Zusammenarbeit“ mit Vermittlern, welche keine Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO haben.

§ 80 VAG soll in erster Linie den Versicherungsnehmer vor unqualifizierten Vermittlern schützen. Vom Regelungsgehalt des § 80 VAG dürfte daher zunächst das Verbot erfasst sein, neuvermittelte Versicherungsverträge von einem Vermittler ohne Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO entgegenzunehmen. Darüber hinaus dürfte § 80 VAG auch die aktive Weiterleitung von Kundeninformationen (z.B. Besuchsaufträge) an den Vermittler erfassen. Die bloße Auszahlung von Courtage, welche lediglich im Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsmakler Bedeutung hat und die Interessen des Versicherungsnehmers nicht tangieren, dürfte hingegen nicht erfasst sein.

c.) Zurückbehaltungsrecht des Versicherers

Wie bereits oben dargelegt benötigt der Versicherungsmakler für die Erbringung einer Betreuungsleistung eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO. Wird ihm diese entzogen, so kann er zukünftig aufgrund dieses gesetzlichen Verbotes keine Betreuungsleistung mehr gegenüber dem Versicherungsnehmer erbringen. Dem Versicherer könnte daher bezüglich der Betreuungscourtagen ein dauerhaftes Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB zustehen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, welche Leistung des Versicherungsmaklers mit der Betreuungscourtage abgegolten werden soll.

Die Praxis verwendet den Begriff der Betreuungscourtagen sehr uneinheitlich. Zum Teil meinen die Parteien eine „echte Betreuungscourtage“, welche an die Erbringung bzw. Bereithaltung einer konkreten Betreuungsleistung geknüpft ist, zum Anderen wird aber auch oftmals lediglich eine Abschlussfolgecourtage von den Parteien gewollt sein, bei welcher zwar eine vom Versicherungsmakler tatsächlich erbrachte Betreuungsleistung mit abgegolten sein soll, der Vermittler aber in erster Linie an seinem ursprünglichen Vermittlungserfolg partizipiert. Ob dem Versicherer danach ein Zurückbehaltungsrecht zusteht bemisst sich im Wesentlichen danach, ob die geschuldete laufende Courtage Abschlussfolgecourtage oder echte Betreuungscourtage ist.

aa.) Sachversicherung

Im Bereich der Sachversicherungen wird meistens eine einmalige Abschlusscourtage gezahlt und anschließend jedes weitere Versicherungsjahr eine Betreuungscourtage in gleicher Höhe. Die Betreuungscourtage wird dabei zu Beginn jeder neuen Versicherungsperiode gezahlt, sofern der vermittelte Versicherungsvertrag zu diesem Zeitpunkt noch fortbesteht. Da der Courtageanspruch zusammen mit der Verlängerung des vermittelten Versicherungsvertrages fällig wird, wird deutlich, dass nicht etwa eine laufende Betreuung mit der laufenden Courtage, sondern das Zustandekommen (Vermittlung) des Verlängerungsvertrages vergütet wird. Es handelt sich bei der laufenden Courtage im Bereich der Sachversicherungen daher um eine Abschlussfolgecourtage.

Aus der Sicht des Versicherers könnte hieraus wiederum abgeleitet werden, dass der Anspruch des Maklers auf Zahlung der laufenden Courtage nach § 320 BGB mit der Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO entfällt, da er mangels Gewerbeerlaubnis nicht mehr berechtigt ist den Anschlussvertrag zu vermitteln. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Dies zeigt eine genauere Betrachtung der im Versicherungsvertrag enthaltenen Verlängerungsklausel, welche oftmals wie folgt formuliert ist:

„Der Versicherungsvertrag verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn er nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten zum Ende der Versicherungsperiode von einer der Parteien gekündigt worden ist.“

Diese Bestimmung ist mit der folgenden Regelung zu vergleichen:

„Der Versicherungsvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann von jeder Partei zum Ende des laufenden Vertragsjahres mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden.“

Vergleicht man die beiden oben stehenden Regelungen, so muss man feststellen, dass sie rechtlich und wirtschaftlich zu demselben Ergebnis führen. Gerade im Anbetracht einer gleichbleibenden Versicherungsscheinnummer wird dabei deutlich, dass es sich bei dem zugrundeliegenden Versicherungsverhältnis nicht um eine Vielzahl hintereinander geschalteter Einzelverträge handelt, sondern ein einheitlicher Versicherungsvertrag über die gesamte Dauer besteht. Folglich wird mit der laufenden Courtage auch nicht die Neuvermittlung eines sich an den ursprünglichen Versicherungsvertrag anschließenden Versicherungsvertrag vergütet, sondern das Fortbestehen des ursprünglichen Vertrages. Es wird mithin der ursprüngliche Vermittlungserfolg weitervergütet. Da dieser bereits in der Vergangenheit vollumfänglich erbracht wurde, ist während der Laufzeit des Versicherungsvertrages keine weitere Vermittlungsleistung vom Makler zu erbringen und dem Versicherer steht nach einem Wegfall der Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der laufenden Courtagen nach § 320 BGB zu.

bb.) Lebens- und Krankenversicherung

Im Bereich der Lebens- und Krankenversicherungen wird der Begriff der Betreuungscourtage i.d.R. mehr im Sinne einer „echten“ Betreuungscourtage verwendet. Hier erhält der Versicherungsmakler bei Abschluss der vermittelten Lebensversicherung eine hohe Einmalcourtage sowie die weiteren Dynamikabschlusscourtagen und anschließend eine im Vergleich zur Abschlusscourtage geringe Betreuungscourtage. Mit dieser Betreuungscourtage soll die gegenüber dem Versicherungsnehmer erbrachten Betreuungsleistungen abgegolten werden. Der ursprüngliche Vermittlungserfolg wird durch diese Betreuungscourtage hingegen nicht mehr vergütet, da dieser mit der einmaligen Abschlusscourtage bereits „vollständig“ abgegolten worden ist. Dies hat zur Folge, dass, da der Versicherungsmakler nach einer Entziehung der Gewerbeerlaubnis keine Betreuungsleistung mehr gegenüber dem Versicherungsnehmer erbringen kann, er die geschuldete Gegenleistung nicht mehr gegenüber dem Versicherer erbringen kann und der Versicherer folglich ein dauerhaftes Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB hat. Wird dem Versicherungsmakler die Gewerbeerlaubnis in der Zukunft jedoch wieder erteilt, so erlischt das Zurückbehaltungsrecht des Versicherers für die Zukunft und der Versicherungsmakler hat wieder einen Anspruch auf Zahlung der nach der Erteilung der Gewerbeerlaubnis fälligen Betreuungscourtagen, sofern zu diesem Zeitpunkt der ursprünglich vermittelte Versicherungsvertrag noch fortbesteht.

III. Ergebnis

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Anspruch des Versicherungsmaklers auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Betreuungscourtage nach Beendigung der Courtagezusage nicht zwangsläufig für die der Beendigung der Courtagezusage folgenden Zeiträume erlischt. In der Regel hat er weiterhin einen Zahlungsanspruch gegen den Versicherer. Lediglich im Fall, dass eine „echte“ Betreuungscourtage vereinbart wurde und die Courtagezusage durch außerordentliche Kündigung des Versicherers infolge des Wegfalles der Gewerbeerlaubnis des Versicherungsmaklers nach § 34d GewO beendet wurde, kann der Versicherer berechtigterweise nach § 320 BGB die weitere Zahlung der Betreuungscourtagen an den Versicherungsmakler verweigern.4

1OLG Hamburg, Urteil vom 07.08.1985, Az.: 5 U 120/84, abgedr.: DB 1986, 216.
2OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.1993, Az.: 10 U 29/91.
3Adjemian: Versicherungsvermittler: Erlaubnis und Registrierung nach § 34d GewO, abgedr. in GewArch 09, 137.
4A.A. Ewers: Alte Hasen & Co: Nun geht es an deren Bestände, abgedr. in VW 2009, 863-866.

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