Rechtsprechung und Strategien der Versicherer führen zu einem rauen Umfeld für Versicherungsmakler

Autor: Rechtsanwalt Lasse Conradt
Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte Partnergesellschaft

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Die jüngsten Entwicklungen Rechtsprechung und Praxis führen zwangsläufig zu der Frage, in welche Richtung sich das Berufsbild des Versicherungsmaklers in Zukunft entwickeln wird.

Wer die Rechtsprechung einer Vielzahl von Gerichten und unter anderem auch vom Bundesgerichtshof in Sachen Versicherungsmaklerrecht in den zurückliegenden Monaten verfolgt hat, kommt unweigerlich zu dem Schluss, dass diese das Berufsbild des Maklers nicht unwesentlich einschränkt bzw. zu regulieren versucht. Das betrifft nicht zuletzt auch die Angebote, eine Tarifumstellung in der privaten Krankenversicherung für die Kundschaft vorzunehmen.

In diesem Punkt leiden die Versicherungsmakler unter dem Einfluss einiger weniger schwarzen Schafen der Branche, die gewerbsmäßig die Tarifoptimierung durchführen, ohne auf die Belange der Kunden Rücksicht zu nehmen und insbesondere Falschberatungen durch skrupellose Abschlussorientierung in Kauf nehmen. Dies führt allerdings dazu, dass die Versicherer äußerst ungern mit Versicherungsmaklern zusammenarbeiten, die eine entgeltliche Tarifoptimierung für den Kunden vornehmen und sich aus diesem Grunde bei den Gesellschaften legitimieren. Eine solche Verweigerungshaltung tritt im Alltagsgeschäft dann zutage, wenn nach Anforderung von Vergleichstarifen der Kunde urplötzlich und unter Missachtung der Vollmachtserteilung unmittelbar angeschrieben wird oder auf die Anfragen der (bevollmächtigten!) Versicherungsmakler nur mit äußerst dürftigen Angeboten oder schlichtweg gar nicht reagiert wird. Besonders gerne beziehen sich die Versicherer dabei auf die Schlupflöcher, die der BGH in dem dies eigentlich zugunsten der Versicherungsmakler entschiedenen Urteil gelassen hat1.

Dies allein ist jedoch nicht genug, vielmehr wird die Ausübung des Maklerberufes auch durch eine Vielzahl von Gerichtsurteilen zusätzlich erschwert. So haben die Landgerichte in Hamburg und Saarbrücken entschieden, dass den geläufigen Dienstleistungsvereinbarungen nach Erfolgsbasis äußerste Bedenken entgegenstehen, die in den streitgegenständlichen Verfahren jeweils dazu geführt haben, dass ein Honoraranspruch des Versicherungsmaklers nicht aufrecht erhalten werden konnte2. Begründet wurde dies jeweils damit, dass die Tarifumstellung grundsätzlich eine ureigene Aufgabe des Versicherungsberaters sei, der damit eine Rechtsdienstleistung ausübe, die über den Umweg des Rechtsdienstleistungsgesetzes wiederum ausschließlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes honoriert werden können. Dieses lässt die Vereinbarung eines solchen Erfolgshonorars jedoch gemäß § 4a RVG jedoch einzig in engsten - für diese Fälle kaum anwendbaren - Grenzen zu.

Da im gleichen Atemzug der BGH3 durch seine Entscheidung in der ersten Jahreshälfte 2016 einerseits wiederholend klargestellt hat, dass eine Tarifumstellung niemals die Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages darstellen könne und andererseits dessen Entscheidung zur „Schadensregulierung“ das Tätigkeitsfeld des Maklers erheblich eingegrenzt hat4, muss an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, wie das Berufsbild des Versicherungsmaklers am Ende der Rechtsdebatte überhaupt aussehen mag.

Die - durchaus hörbaren - Argumente, jegliche Tarifoptimierung unter die Rechtsdienstleistung zu fassen, finden aber gleichsam ihre Grenzen darin, dass der BGH die „einfachste Subsumtion unter Rechtsnormen“ zum Maßstab nimmt5. Es dürfte weder vom Gesetzgeber noch von der Justiz gewollt sein, dass entsprechende Angebote oder Dienstleistungen im Rahmen der Tarifoptimierung in der privaten Krankenversicherung nur noch von tatsächlichen „Rechtsdienstleistern“ wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es im Grunde gelebte Praxis ist, dass die Beratung zur Tarifoptimierung als Annextätigkeit des Versicherungsmaklers durchaus erlaubt, zulässig und anerkannt ist - der dann wiederum eine Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zu seiner Haupttätigkeit als Versicherungsmakler (bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen) ausübt. Im Rahmen der Schadensregulierung bei selbstvermittelten Versicherungsverträgen ist dies im Übrigen nicht der Fall, da dem im Lager des Versicherungsnehmers stehenden Versicherungsmakler sodann eine Interessenkollision vorzuwerfen wäre6.

Die erkennenden Gerichte sollten sich bewusstmachen, dass sie durch eine äußerst restriktive Auslegung des zulässigen Berufsbildes des Versicherungsmaklers unnötige Baustellen öffnen - einhergehend mit dem Potenzial, einen Berufsstand in den Grundfesten zu erschüttern. Besonders in heutigen Zeiten, wo mit einem Haftpflichtvertrag gerade einmal 20,- € Abschlussprovision zu erzielen sind, sind einige Versicherungsmakler wirtschaftlich gezwungen, auch andere Tätigkeitsfelder zu eröffnen. Dann die Tarifoptimierung bzw. die Beratung zur Tarifoptimierung als „Rechtsdienstleistung“ zu qualifizieren, scheint vollkommen übers Ziel hinausgeschossen: die Aufgabe des Versicherungsmaklers besteht in erster Linie darin, seine Kontakte zu den Versicherern zu nutzen um Vergleichsangebote von anderen zur Verfügung stehenden Tarifen einzuholen. Die Entscheidung über den Tarifwechsel ergeht nach ausführlicher Analyse dieser Vergleichstarife und ist somit mitnichten als eine Rechtsberatung zu qualifizieren, sondern unterscheidet sich vom Hauptgeschäft des Versicherungsmaklers, der Vermittlung von Versicherungsverträgen nach eingehender Analyse des Marktes, nicht wesentlich. Und niemand würde auf die Idee kommen, die Tätigkeit des Versicherungsvermittlers grundsätzlich als Rechtsberatung einzuordnen.

Auch wenn die genannten Urteile alle verschiedene Sachverhalte beurteilen und somit fraglos differenziert zu betrachten sind, so lassen sie doch den Schluss zu, dass eine gefährliche Entwicklung nicht zu verleugnen ist. Es liegt somit sowohl an den Versicherungsmaklern in entsprechenden Berufsverbänden als auch an den für diese tätigen Anwälte in der alltäglichen Arbeit vor Gericht, den entscheidenden Stellen diese neuralgischen Punkte zu verdeutlichen. Es geht am Ende um nicht weniger als das Berufsbild des Versicherungsmaklers an sich und die Frage, was soll dieser dürfen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten - und welche Dienstleistungen sollen den - aus gutem Grunde gesetzlich reglementierten - Berufsständen vorbehalten bleiben?

Eine leise Hoffnung geht dabei schon vom Landgericht Hamburg aus, dass zumindest für Versicherungsmakler mit einem bestehenden Maklermandat die Tarifoptimierung an sich als vollkommen zulässige neben Dienstleistungen eingeordnet hat7. In Zeiten ständig steigender Beiträge in der privaten Krankenversicherung8 entsteht naturgemäß ein gesteigertes Bedürfnis der Versichertengemeinschaft nach einer sachgerechten und von zertifizierten Fachleuten durchgeführten Beratung, um die Beiträge auch bis ins hohe Alter in einem wirtschaftlich erträglichen Rahmen zu halten.

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1 BGH, Urteil vom 29. 5. 2013 – IV ZR 165/12;

LG Hamburg, Urt. v. 22.03.2013, Az.: 315 O 76/12 u. LG Saarbrücken, Urt. v. 17.5.2016 – 14 O 152/15;

3 BGH, Urteil vom 13.04.2016, Az. IV ZR 393/15 u. BGH, Urteil vom 15.7.2015, Az. IV ZR 70/15;

4 BGH, Urteil vom 14.1.2016 – I ZR 107/14;

5 BGH, Urteil vom 14.1.2016 – I ZR 107/14;

6 BGH, Urteil vom 14.1.2016 – I ZR 107/14;

7 LG Hamburg, Urteil vom 01.03.2013 - 312 O 224/12;

8 z. B. https://www.welt.de/wirtschaft/article158433220/Privatversicherten-drohen-untypische-Beitragserhoehungen.html.